Wirtschaft. Macht. Demokratie. Der Kongress im Rückblick

Falls Sie am 5. Dezember nicht vor Ort dabei sein konnten, haben wir den Tag und die wichtigsten Takeaways für Sie zusammengefasst.

Mehr als 250 Menschen aus Unternehmen, Kultur, Politik und zivilgesellschaftlichen Initiativen diskutierten in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften auf Einladung des Business Council for Democracy (BC4D) der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung sowie des Medienhauses brand eins über das Zusammenspiel von Wirtschaft und Demokratie – und was Unternehmen zur Stärkung der Demokratie beitragen können. 

Was wir gelernt haben:

🎤Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, sprach in der Begrüßung der Gastgeber über das Ziel der Veranstaltung: „Demokratie braucht Verbündete in allen Teilen der Gesellschaft.” Holger Volland, CEO von brand eins, ergänzte: „Autokratisierungsprozesse sind umkehrbar. Das ist ein Grund, dagegen anzukämpfen.”

🎤Elisabeth Kaiser, Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, hielt die Keynote. Deutschland sei auch deshalb wirtschaftlich so stark, weil das Land seit Jahren politisch nicht erschüttert worden sei. Bislang hätten regierende Parteien fest auf dem Boden des Grundgesetzes gestanden. Das drohe durch den Aufstieg rechtsextremer Kräfte zu kippen. Sie mahnte: „Ich komme aus Gera, da gibt es eine wahrnehmbare rechtsextreme Szene. (...) Weil es schwierig ist, sich als Einzelpersonen dieser Wucht entgegenzustellen, sind große Organisationen in der Pflicht, Haltung zu zeigen.”  

🎤Im Demokratie-Slam stellten acht Menschen in fünf Minuten ihr Engagement für das Gemeinwesen vor. Carsten Rogge-Strang, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands des privaten Bankgewerbes, stellte die Initiative Demo Coffee vor, ein neues Format für Unternehmen, das ehrenamtlich tätigen Beschäftigten ermöglicht, ihren Kolleginnen und Kollegen auf einen Kaffee über ihr Engagement zu berichten und so ins Gespräch miteinander zu kommen. Jörg Adami, Director UFA Good Games, sprach über ein 24-stündiges, weltweites Digitalevent der UFA. Dabei berichteten die reichweitenstärksten Influencer und Streamer über gesellschaftliches Engagement. „Damit erreichen wir ungefähr 25 Millionen Menschen, kein junger Mensch kann dem entgehen.“ Tatjana Kiel, CEO von Klitschko Ventures und Mitgründerin von #WeAreAllUkrainians, organisierte etwa 20 Jahre lang Boxwettkämpfe für die Klitschko-Brüder, seit Russlands Angriffskrieg in der Ukraine mit Unternehmen Gütertransporte in das Land und Rücktransporte deportierter Kinder aus Russland. „Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, Mut bedeutet, trotz Angst zu handeln.“ Norbert Neß, Head of Strategic Communications and Governmental Affairs bei Evonik, sagte: Wir haben uns ein politisches Leitbild als Konzern gegeben, wir wollen die Transformation voranbringen, aber auch Verantwortung übernehmen.“ Evonik unterstütze etwa einen Debattierwettbewerb mit Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen. Till Wahnbaeck, Gründer und Geschäftsführer von Impacc, sprach über sein neues Konzept der Entwicklungshilfe, das in Afrika bereits mehr als 3.000 Jobs geschaffen habe. Impacc verwandelt Spenden in Investitionen in kluge Geschäftsideen. „Ein Job ist der beste Weg aus der Armut.” Moritz Kilger, Senior Manager bei Deloitte, unterstützt mit einer Gruppe von Kollegen ehrenamtlich NGOs in Ostdeutschland: „Pitchdecks, Fundraisingstrategie, Power-Point-Präsentationen. Das Windows-Update kommt, wie gehe ich damit um? Bei solchen Themen versuchen wir den Organisationen ganz konkret zu helfen.“ Susann Planert, HR-Spezialistin bei der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft, sprach über Dialogrunden, Antidiskriminierungstrainings sowie die Zusammenarbeit mit sächsischen Initiativen ihres Arbeitgebers. Daniela Komolafe, Managerin Talent Acquisition, Recruiting & Engagement für Konecranes in Deutschland, erklärte, warum Führungskräfte sich bei ihr mit Demokratiebildung auseinandersetzen müssen: „Haltung beginnt im Kopf.”  

🎤Beim Panel „It’s the economy, stupid!“ diskutierte Elisabeth Niejahr mit den Wirtschaftsjournalisten und Buchautoren Alexander Hagelüken, Süddeutsche Zeitung, sowie Michael Sauga, Spiegel, darüber, ob der Wettbewerb zwischen Demokratie und Autokratie (auch) ökonomisch entschieden wird. Alexander Hagelüken sagte: „Rechtspopulistische Politik geht oft mit wirtschaftlichen Schäden einher. Aber in Deutschland wählen viele Leute aus wirtschaftlichem Frust rechts.“ Michael Sauga hielt dagegen, dass manche Autokraten wirtschaftlich durchaus erfolgreich seien. In den USA mache ihm Hoffnung, dass Trump zu viele Fehler begehe, um als Autokrat wirtschaftliche Erfolge erzielen zu können.  

🎤 Es gab drei Workshops zu den Themen Debattenkultur (Alina Eckert & Anne Hilsberg), Corporate Volunteering (André Koch-Engelmann) und Haltungskommunikation (Franzi von Kempis). Die Sozialunternehmerin und Regisseurin Mo Asumang zeigte Ausschnitte aus ihrem Film „Die Arier” und verriet, wie sie mit Rassisten ins Gespräch kommt: „Wenn Wut nicht weiter gefüttert wird, verraucht sie.”  

🎤Der Journalist Klaus Brinkbäumer moderierte das abschließende Panel Die neue Welt(un)ordnung zur Frage, wie Unternehmen in der EU mit den geopolitischen Herausforderungen umgehen sollten. Bernhard Bartsch, Leiter External Relations beim Mercator Institute for China Studies, stellte fest: „China hat die Diktatur wieder gesellschaftsfähig gemacht, weil es wirtschaftlich ein erfolgreiches System ist.“ Stormy-Annika Mildner, Direktorin des Aspen Institute Deutschland, sagte: „Handel ist ein Machtmittel geworden, ein Instrument, um Länder zu Dingen zu zwingen.“ Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, mahnte: „Wir werden zu einem Spielball von China und den USA. (...) Die Vision, die wir in Europa haben sollten: immer wieder Brücken bauen, Vermittler sein, auf Multilateralismus setzen." Janina Kugel, Aufsichtsrätin und Senior Advisor, ergänzte: „Wir müssen auch in neue Beziehungen eintreten und neue Schritte wagen.”  

Durch das Programm führte Margitta Schulze Lohoff, Redaktionsleiterin bei brand eins.